Der
Himmel war wolkenlos und von einem tiefen, perfekten blau. Die Luft
fühlte sich an, als ob man Watte im Mund hatte, so schnell entzog
sie dem Körper alle Flüssigkeiten. Auf einem Hügel am Ende der
Piers stand eine schlanke... nein dürre, rothaarige Elfe mit nichts
anderem im Gepäck als zwei Reisetaschen, und lehnte sich über das
hölzerne, von Moosflechten überzogene Geländer. Ihr blick haftete
auf dem wenige hundert Meter tiefer gelegenen Dorf.
Snohomish
bestand aus einem Dutzend Hütten aus Lehm mit flachen Blechdächern.
Unten sah Brìghde einige Leute die Straße entlanglaufen, andere auf
den Feldern ohne technische Hilfsmittel einfachste Arbeiten
erbringen.
Aber
dies war soweit nur das offensichtliche was Sie sah, viel mehr
berührte Sie dass was nicht jedem aufgefallen wäre.
Die
Elfin in ihrem 'Ami Feather Designerkleid' sah Schicksale dort unten.
Etwa
einen Mann der auf nur einem Bein versuchte den Acker zu pflügen,
eine Frau am Straßenrand die einen schwarzen, glänzenden Nightsky
über die Beifahrertür bestieg aber offensichtlich nicht die
Besitzerin war, und Kinder die mit alten Patronenhülsen als Murmeln
spielten.
Jedoch
waren all diese Eindrücke nur subjektiv, sie wusste in Wirklichkeit
nichts über die Menschen dort unten in der Nähe des Hafens von
Everett. Kannte nicht ihre Namen, Sorgen, Wünsche, Ängste oder
Geschichten. Dabei war jede Person dort unten so individuell wie sie.
//Warum
zum Teufel mache ich mir Gedanken über diese Leute, die weder mich,
noch ich Sie kenne. Warum nehme ich nicht das nächste Taxi in die
Stadt?// Diese Gedanken lenkten Sie kurz von ihrer Beobachtung
ab. Allerdings nicht lange genug, um nicht wieder den Fokus auf den
kleinen Seattler Stadtteil zu werfen. Langsam wird es dunkler am Ufer
des Puget Sound, einige Wolken ziehen auf und die Elfe bemerkt eine
deutliche Veränderung auf den Straßen.
Statt
der Arbeiter, Tagelöhner und Konzerndrohnen die sich nun nach einem
Bett sehnen, ehe der nächste Arbeitsalltag wieder von ihnen Besitz
ergreift. Füllen sich nun die Vorortstraßen mit den
Nachtschwärmern, Kleinkriminellen und sonstigen verlorenen Seelen
der sechsten Welt. Menschen, die ihre Freizeit in Downtown verbringen
wollen, Menschen und andere Metavarianten die nicht wissen wohin sie
gehen sollen, und solche Geschöpfe die wie sie in die Nacht
flüchten, ehe sie zurück auf die Straßen oder in einen Hauseingang
gezwungen werden.
//Auf
der Straße, das ist immer noch etwas das sie verabscheut. Auch wenn
Sie sehr wohl weiß, wie schnell und vor allem wie unverschuldet das
gehen kann, empfindet Brìdghe tief in ihrem Inneren Ekel vor diesem
Zustand und den Personen die dort leben.
Es ist nicht
ihre Welt, und wird nie ihre Welt sein. Und dennoch ist Sie, wie sie
hier draussen, die Umstände und Motive dürften keine Rolle spielen.
Und doch redet sie sich gedanklich ein das sie etwas besseres ist,
denn Sie hat einen Namen …. nein sie hat drei!!!//
Auch
wenn sie einen davon in den nächsten Wochen und Monaten wohl kaum
benutzen wird. Innerlich ohrfeigte sie sich selber für diesen
Umstand, denn niemand ausser ihr konnte im Endeffekt etwas dafür.
Aber wie hatte dieses ganze Dilemma eigentlich begonnen ….
Rückblende
Vor
ihrem inneren Auge erscheint der Innenhof eines New England triple
decker Hauses in Roslindale, indem sie mit ihren Eltern und ihrer
älteren Schwester gewohnt hatte. Der von saftigem, grünen Rasen
umgebene Brunnen innerhalb des Säulenganges plätschert
harmonisch-leise vor sich hin. Während die kleine Elfenfamilie das
traditionelle Sonntagspicknick zelebriert. Allein bei dem Gedanken an
ihre behütete und sorglose Kindheit umspielt ein Lächeln ihre
Lippen und ein paar Tränen liefen ihre Wangen herunter, während sie
murmelte: „Daddy,
Mummy ich vermisse euch“
Kaum
hatte sie den Satz in Erinnerung an ihre Kindertage ausgesprochen,
änderte sich schlagartig das Bild und sie fand sich mitten im
Bostoner West End Hospital wieder. Diese Erinnerung wirkte in keiner
Weise vergleichbar mit der vorigen, ganz zu schweigen von dem
friedlichen Ambiente das noch vor wenigen Augenblicken ihre Gedanken
eingenommen hatte. Ganz im Gegenteil, hier herrschte eine Hektik und
Betriebsamkeit, das sich die kleine 8jährige Elfe vorkam wie ein
Segelboot an einem Containerhafen. Menschen, Elfen und Zwerge in
weißen Kitteln liefen auf den Gängen zwischen eilig aufgestellten
Behandlungsplätzen auf denen sich hauptsächlich Elfen befanden und
menschlichen Knight Errant Offizieren hin und her.
In
der Nähe sah die kleine Brìdghe ihren Vater Patrick und ihre
Schwester Erin bei einem großen und blonden KE-Officer stehen. Sie
blickte sich suchend um aber von Moira ihrer Mutter fehlte jede Spur.
Langsam einen Schritt vor den anderen setzend versuchte sie die, für
sie unendlich wirkenden 3 Meter, zu ihrer Familie zu überwinden.
Wurde jedoch immer wieder von Ärzten oder anderen Angehörigen auf
die Seite geschoben. Voller Panik sah sie sich um und suchte
verzweifelt nach einem Weg ihre Familie zu erreichen, als sie in der
Nähe eine unbesetzte Krankentrage bemerkte stellte sie sich vor wie
sie diese für ihre “Überfahrt“ benutzen konnte. Und kaum hatte
sich der Gedanke in ihrem Kopf manifestiert setzte sich auch schon
das Patientenbett in Bewegung, etwas unkoordiniert schlitterte es
über den Korridor und krachte mit einem lauten Aufprall neben dem
KE-Officer in die Wand. Dieser sah im ersten Moment überrascht und
erschrocken zugleich in die Richtung aus der das seltsame Gefährt
kam, so nahm er glücklicherweise nicht war was sich im unteren Teil
der Trage befand. Und ihr Vater reagierte Geistesgegenwärtig, zog
die kleine Brìghde von der Trage fort noch ehe jemand etwas bemerkte
und hielt sie wie immer im Arm. Glücklich im schützenden
Einflussbereich des Vaters zu sein stand sie einfach nur da und
lächelte wie ein unschuldiges Kind...
Wieder
wechselte die Szenerie und sie befand sich auf einem Hügel im
Forrest Hills Friedhof. Ihre Mutter war am 14. Februar 2039 den
Verletzungen des Anschlages vom blutigen Dienstag erlegen.
Da
stand sie nun neben ihrem Vater und ihrer Schwester, vor einem
schlichten weißen Stein auf dem der Name ihrer Mutter stand und
einige liebevolle Worte in gälischer Sprache eingraviert.
Und hinter ihnen standen unzählige in schwarz gekleidete Männer,
Frauen und Kinder, und in diesem Moment überkam sie die Erkenntnis
was ihr Vater in den Jahren zuvor immer meinte wenn er vom
gemeinsamen Picknick oder Abendessen mit den Worten „Entschuldigt
meine Lieben, aber die Familie braucht mich“ auf stand und
verschwand. Und so groß auch Brìghde's Trauer über den Verlust der
Mutter war, irgendetwas in ihr machte die Kleine glücklich und
erfüllte sie mit Stolz.
Die
Zeremonie zu Ehren ihrer Mutter war wunderschön und dauerte den
ganzen Nachmittag und Abend, nach den Reden auf dem Hügel gab es im
familiären Innenhof ein großes Essen und es wurden die
Lieblingssongs ihrer Mutter gespielt, zwar leise und dezent aber mit
ehrfürchtigem Respekt.
Abends
als ihr Vater sie und ihre Schwester ins Bett brachte, sah sie ihrem
Vater in die Augen nahm seine für sie viel zu große Hand und sagte
auf irisch: „Papa,
ba mhaith liom a bhaineann leis an teaghlach“
Er
strich ihr über den Kopf und antwortete: Go
bhfuil tú ag déanamh cheana féin, codladh go maith“
Dieses
Ereignis veränderte nicht nur die Familie Moireach, sondern
insbesondere auch Brìdghe. Hatten sie bisher schon durch den Status
und das Vermögen ihres Vaters ein sehr behütetes Leben geführt
indem den beiden Schwestern an nichts mangelte, so führte jetzt auch
noch die aufkommende Sorge ihres Vaters auch noch seine beiden
Töchter verlieren zu können zu noch mehr Fürsorge und “Schutz“.
Für
Brìdghe ändere sich nicht all zuviel, da sie aufgrund ihrer
besonderen Gabe in dem Umgang mit technischen Geräten und der Matrix
seit ihrem fünften Lebensjahr einen Privatlehrer hatte. Welcher nun
auch für ihre Schwester Erin zuständig war.
Was
zum einen bedeutete das die beiden Schwestern wesentlich mehr Zeit
miteinander verbrachten, folglich es aber auch zu mehr Reibereien
führte, da beide auch sehr unterschiedlich veranlagt waren. War
Brìdghe immer schon eher die praktischere von den beiden gewesen,
die entweder etwas tat oder nicht, so war Erin mehr in gedanklichen
Sphären unterwegs. Zudem hatte Brìdghe seit dem Tod ihrer Mutter
ein sehr starkes Verantwortungsgefühl für ihren Vater und die
größere Schwester, man hätte als Außenstehender sicher die
Meinung bekommen können, das sie versuchte die Mutterrolle zu
füllen.
So
war es auch eher nicht verwunderlich das Erin sich im laufe der
weiteren Jugendjahre immer mehr ihrer geistigen Entwicklung
verschrieb und bereits frühzeitig wußte das sie in die Fußstapfen
ihres Vaters und zum Jurastudium zugelassen werden wollte. Jedoch mit
dem grundsätzlichen Gedanken sich einen eher ruhigen „Konzernjob“
als Anwältin zu sichern.
Während
Brìdghe, zwar die schulischen Leistungen nicht vernachlässigend,
ihr Bataireacht-Training stärker forcierte, welchem sie zwar nur in
der heimischen Sporthalle nachgehen konnte, dafür aber sehr
zeitintensiv. So war es auch wenig verwunderlich, das Erin sofort
nach ihrem 17.Geburtstag einen von der East Coast Stock Exchange
unterstützten Studienplatz im Hauptfach Jura und Nebenfach BWL an
der Konzernnahen Boston University in Fenway antrat.
Nachdem
Brìdghe nicht so recht wusste was genau sie mit ihrer akademischen
Laufbahn anfangen soll, welche für den familiären Status jedoch als
obligatorisch galt, begann sie nach einer langen und sehr vertrauten
Unterredung mit ihrem Vater Patrick Informationstechnologie am MIT&T
zu studieren. Zum einen um ihre Fähigkeiten weiter zu fördern, aber
hauptsächlich auch aus dem Grund sie vor der Öffentlichkeit
weiterhin geheim zu halten und zu kaschieren.
Sie
merkte jedoch schon innerhalb des ersten Semesters, dass sie das
Studentendasein nicht wirklich auslastete und beschloss daher ab dem
zweiten Semester ihre sportliche Begeisterung als Mitglied des
MIT&T-Basketballteams „Engineers“ auszuleben. Hier blühte
Brìdghe so richtig auf und konnte auch wunderbar einen Ausgleich für
die zahlreichen Stunden im Hörsaal und der Matrix schaffen, schnell
kristallisierte sich heraus, dass sie aufgrund ihrer Größe und
Reaktionsschnelle eine ideale Centerspielerin ist.
So
ergab es sich auch, dass sie während einem ihrer ersten Spiele die
Journalismusstudentin Liorah Baren traf, welche sich ihr Studium
durch diverse Sportbloggs finanzierte. Die beiden Elfen verstanden
sich von Anfang an außerordentlich gut, was auch an ihrer
beidseitigen Begeisterung für den Sport lag. Ebenso ergänzten sich
Brìdghe's Matrixfähigkeiten und ihre Hartnäckigkeit beim
Überwinden von Widrigkeiten, und Liorah's soziale und magische
Kompetenzen, hervorragend. So das die beiden während ihrer
gemeinsamen Studienzeit eine freundschaftliche Beziehung aufbauten
und welche sich auch später beruflich wunderbar weiterführen ließ.
So
kam es dann auch das sie die Jahre 3 und 4 hauptsächlich dem
sportlichen Aspekt des Studentenlebens widmete und am Ende des
Studiums einen eher schlechten Start in die Prüfungsphase gehabt
hätte.
So
war es auch nicht verwunderlich, das sie sich um Alternativen zur
Prüfung versuchte und zusammen mit ihrem Trainer und dem Dekan zu
dem Entschluss kamen, das sie das komplette Studium noch einmal
wiederholt, allerdings mit der Prämisse zwar weiterhin dem
universitären Basketballteam anzugehören aber doch mehr Fokus auf
die akademischen Fächer und Leistungen zu legen.
Also
absolvierte Sie weitere 4 Jahre am MIT&T und in der
Basketballmannschaft, was sie im Endeffekt ihren Abschluss zeitgleich
mit ihrer Schwester erreichen ließ. Erin die sich die ganze Zeit
ausschließlich ihren akademischen Leistungen verschrieben hatte
erzielte den Abschluss wenig überraschend mit Magna cum laude und
erhielt einen angesehenen Anwaltsposten bei der East Cost Stock
Exchange.
Brìdghe
erzielte zwar einen weniger guten aber nicht unbedingt schlechten
akademischen Abschluss im Bereich Matrixdesign. Erhielt aber zum
Erstaunen aller keine Angebote in diesem Bereich sondern einen Tag
nach ihrer Graduation ein Angebot als Centerspielerin bei den Boston
Celtics.
Dieses
Angebot nahm Sie aus zwei Gesichtspunkten an. Einerseits konnte sie
so ihrem geliebten Basketballsport weiter frönen, und zum anderen
war es für die Öffentlichkeit eine wunderbare Tarnidentität.
Denn
das, was niemand ausser ihr und ihrem Vater wusste bzw weiß, war die
Tatsache das sowohl Privatschule als auch Universitätsstudium nur
einem Zweck dienten. Nämlich Brìdghe das nötige Handwerkszeug
anzueignen um als Sicherheitsdeckerin bei der “Familie“
einsteigen zu können. Somit war ihre folgende zehnjährige
Basketball-Öffentlichkeits-Karriere die ideale Tarnung um verdeckt
die O'Rilleys gegen Angriffen von Außen zu schützen, und zeitgleich
ihre Präsenz in der immer stärker werden Matrix zu etablieren.
So
arbeitete sie sich in den „Schatten ihrer sportlichen Präsenz“
von den niederen Mafiarängen bis in das mittlere Management hoch.
Ihre
Schwester Erin machte nicht nur beruflich im Konzern ihren Weg,
sondern heiratete auch dort ein. Sie lernte drei Jahre nach ihrem
Studium Cian McKee aus dem Key-Account-Management kennen und die
beiden heirateten bereits ein Jahr später. Bereits 9 Monate nach der
Hochzeit gebar Erin einen Sohn den sie Dylan tauften, vom Konzern aus
ein Kindermädchen für die Erziehung gestellt, fing Erin auch
bereits 3 Monate nach der Geburt wieder als Anwältin an.
Der
Kontakt zu ihrer ursprünglichen Familie brach auch nach Eintritt in
die Konzernwelt nicht ab, wenngleich er weniger wurde. Auch der Umzug
der East Coast Stock Exchange nach Manhatten im Jahr 2064 nach dem
großen Crash änderte nichts daran. Auch wenn ab dort bis auf
Geburtstagsfeierlichkeiten nur noch Kommkontakt herrschte.
Der
Crash 2.0 vom 02. November 2064 veränderte jedoch nicht nur das
Leben von Erin Moireach, sondern eben so von Brìdghe. Die so
entstandene allgegenwärtige WiFi-Matrix, ermöglichte der
Technomancerin ganz neue Möglichkeiten. Jetzt da man offiziell als
Decker ohne Kabel auf die Matrix zugreifen konnte und die diversen
Zugriffsgeräte im Rahmen der Konzernneuzusammenschlüsse- und
forschungen immer kleiner wurden, war es für Brìdghe um einiges
leichter ihre Fähigkeiten einzusetzen und trotzdem unerkannt zu
bleiben. Da nach wie vor nur ihr Vater und Sie ihre Fähigkeiten
kannten.
Was
nebenbei bemerkt auch dazuführte das sie nun mehr Zeit in die Arbeit
für die O'Rilleys investierte und Basketball nur noch als
„Identitätshobby“ betrieb.
Nachdem
der damalige Don der O'Rilleys das vermeintliche Chaos um den Crash
2.0 für die Familie nutzen wollte um das Einflussgebiet zu erweitern
kam sehr viel Arbeit auf Brìdghe zu. Da er es sich in den Kopf
gesetzt hatte eine Tochterfirma des neuentstandenen NeoNet-Konzerns
zu infiltrieren und die Fäden der Firmenleitung an sich zu reißen.
Und im Zuge der anfänglichen Schwierigkeiten die die Öffentlichkeit
bei der Etablierung der Wifi-Matrix hatte, und um möglichst wenig
Grund zur Sorge bei Behörden oder dem Mutterkonzern aufkommen
zulassen, sollte diese Aktion komplett virtuell laufen.
Nicht
nur aus reinem Loyalitätsbewußtsein der Familie gegenüber,
erklärte sich Brìdghe dazu bereit die Übernahmeaktion zu leiten,
sie sah darin auch eine Herausforderung für ihre Fähigkeiten,
welche sie steht's am weiterentwickeln war.
Auch
nahm sie sich dies zum Anlass sich eine neue „Persona“ zu
erschaffen die mehr ihren jetzigen Fähigkeiten und ihrer
Persönlichkeit entsprach, als das immer noch von Unizeiten her
existierende Icon.
Dazu
interagierte sie unter Pseudonym (Shannon Christie) mit einer sich in
den Rox befindlichen Technoschamanengang, in der Hoffnung hier das
das Erschaffen von komplexen Formen wie auch das kompilieren und
registrieren lernen zu können. Die falsche Sin benötigt Sie, da es
nach wie vor lebensgefährlich ist sich als Technomancer zu erkennen
zu geben. Nicht das es einen Unterschied machen würde, wir sind
genauso Metamenschen wie alle anderen auch mit den gleichen
Bedürfnissen Hunger, Durst, Schlaf, soziale Sicherheit und keines
Wegs physisch oder psychisch gestört oder abartig, wie es die
Konzerne gerne ausdrücken.
Denn
das was wir tun ist nicht geheimnisvoller als ein Magier der vor sich
hin murmelt oder etwas in die Luft zeichnet, und die werden ja auch
nicht bei lebendigem Leib seziert.
Aber
wenn Sie einen von uns finden, werden wir in Handschellen und mit
Stahlketten gefesselt in eine 20 Meter tiefe Höhle verfrachtet und
dem geifernden Pöbel über die Konzerneignen Tridkanäle vogeführt
wie Critter oder Schwerverbrecher. Schön in mundgerechten 10 Minuten
Häppchen mit fröhlicher Konzernwerbung unterlegt, während die arme
Sau sich von der Matrix getrennt auf der Liege oder dem Stuhl windet
und vor Schmerzen schreit und zu phantasieren beginnt.
//Erlöst
die armen Seelen von diesen Qualen//, ist die Botschaft dieser
Hetzkampagne. Für deren Zweck man jemanden wahllos aus dem
„Forschungslabor“ nicht lebendig aufschneidet, sondern der
breiten Masse zugänglich macht.
//Unterstützt
unsere Forschung, damit eure Kinder nicht so leiden müssen//,
lautete der Aufruf an die Konzerndrohnen und Shadowrunner.
Schöne
perverse neue Welt ...
So
ist es auch nicht verwunderlich, dass diese Ausflüge und der
Lernprozess bei Brìdghe Spuren hinterlassen hat. Welche wiederum
dazuführten, dass sie die Scheinheilige Darstellung der Konzerne
nicht nur ablehnt sondern soweit es ihr möglich ist wiederlegt. Man
muss an dieser Stelle sicher nicht explizit erwähnen, dass diese neu
gewonnene Einstellung Brìdghe und ihre Schwester Erin, die diese
Pseudosicherheit selber gewählt hatte, nicht näherbrachte jedoch
aufgrund ihrer Erziehung auch keinen Keil zwischen die beiden trieb,
sondern lediglich für Diskussionsstoff sorgt.
Auf
alle Fälle war Brìdghe aufgrund des bei den Technoschamen erlernten
Wissens in der Lage einige neue Programme und Formen speziell für
ihren Zweck der Infiltration zu entwerfen, und im Matrixbereich von
Philly aktiv zu werden ohne jedes mal vor Ort sein zu müssen.
Die
gesamten Vorbereitungen sowohl der Matrixaktivitäten wie auch
politisch motivierte Deals, nahmen knapp 2 Jahre in Anspruch. Brìdghe
war in dieser Zeit außer ihren lokalen Spielen und
Auswärtsbegegnungen
für
die Boston Celtics, ausschließlich mit ihrem Vater zusammen. Was
dazuführte dass das ohnehin seit dem Tod der Mutter starke Band
zwischen Vater und Tochter noch enger, vertrauenswürdiger und
unzerstörbarer wurde. Denn sowohl ihr Talent wie auch die Tätigkeit
für die “Familie“ machte ein blindes, gegenseitiges Vertrauen
der Beiden unabdingbar.
Und
genau das war auch das einzige was nach dem Übernahmeversuch der
O'Rilleys an der NeoNet-Tochter „Iris Software“ blieb.
Der
einzige Fehler in dem 3 Tage dauernden Matrixrun, der nicht einmal
direkt von Brìdghe zu verantworten war, machte die ganze Aktion zu
nichte. Es war wirklich alles bis ins Detail bedacht worden, von
langfristig eingeschleusten Konzernern mit den notwendigen
Sicherheitsfreigaben, über personelle Überwachung der Außenanlagen,
pseudofaktische Trennung der Matrix unter Ausnutzung eines virtuellen
Backupspiegels für den Mutterkonzern. Das einzige was sie nicht zu
100% abgesichert hatten, war die sehr unwahrscheinliche Möglichkeit
das ein Straßengang genau in dem Zeitraum der Übernahme eine
Machtdemonstration in dem Stadtteil Philly's ausspielte und so am
letzten Tag vor der Entscheidenden Aktion alle Mitarbeiter Iris
Softwares auf 100 % Plausibiliät ihrer SIN und Konzernzugehörigkeit
überprüft wurden, und ein Mitglied des Infiltrationsteams eine nur
97% Übereinstimmung mit den persönlichen Daten eines
Ex-Angestellten aufwies.
Durch
das Schweigen und den Mafia eigenen Ehrenkodex die Familie um jeden
Preis zu schützen, nahm Freddy „der Stumme“ die ganze Sache auf
sein Konto. Glücklicherweise konnten die Matrixspuren noch
rechtzeitig vor Aufnahme der offiziellen Ermittlungen verwischt
werden, so das kein größerer Schaden an der O'Rilley-Familie
entstand.
Für
Brìdghe hatte dies zur Folge das sie nicht nur das Gefühl hatte die
Familie enttäuscht zu haben, sondern auch von ihren Fähigkeiten
enttäuscht war. Was nach weiteren Wochen des Überlegens und der
Selbstvorwürfe in dem Entschluss gipfelte, dass sie sich vielleicht
doch zu sehr auf ihre „Sportkarriere“ konzentriert hatte.
Um
für die Familie Schadensbegrenzung zu betreiben und aus dem Gefühl
raus ihren Vater enttäuscht zu haben. Suchte sie zusammen mit dem
Don, ihrem Vater und den Unterbossen nach einer Möglichkeit den
Status und das Territorium der Familie doch noch zu vergrößern.
Im
Rahmen dieses „Brainstormings“ kam man zu dem Entschluss die bis
dato nicht vorhandenen Beziehungen zu der Seattler Finnigan-Familie
zu fokussieren.
Jedoch
wollte man hierzu nicht die offiziellen Kanäle bemühen, um weder in
Boston noch Seattle Wellen zuschlagen. Daher sollte Brìdghe im
Rahmen ihrer sportlichen Karriere offiziell zu den Seattler
SuperSonics wechseln und sich dann einen Namen in den Schatten und
der Hierarchie der Finnigans machen.
So
veranlasste Sie denn auch in den folgenden Wochen ihren Wechsel zur
Saison 2073/2074 im Oktober 2073 zu dem renommierten
Pro-Basketballteam an der Westküste. Wo sie zeitgleich unter dem
Straßennamen „clover maiden“ an ihrer Schatten-Decker-Karriere
zu arbeiten begann.
Ein
leichtes Zucken durchzog ihren Körper, und machte sie sowohl darauf
aufmerksam das es hier an der Westküste abends relativ schnell kühl
werden konnte und zum andern das etwas ihrer Aufmerksamkeit bedurfte.
Gegen die Kühle konnte sie nichts tuen als sich ihre leichte Jacke
überzuwerfen, aber das was ihre Aufmerksamkeit forderte fing in
hektischem Stakkato an zu blinken.
Als
dann zog sie das Hermes Ikon aus der Jackentasche und ließ ihre
Finger beinahe liebevoll und mit einer Eleganz über die
AR-Komponenten gleiten als wolle sie ein Orchester anleiten. Einige
Nanosekunden später taucht die eben noch Nachdenkliche Elfe in die
allgegenwärtige Matrix ein, und zeitgleich materialisierte sich ein
digitaler weißer Huskies mit zwei stilisierten Kleeblättern auf der
Stirn.
In
diesen wenigen Sekunden des Wechsel von der fleischlichen in die
digitale Welt, sackte ihr Körper in sich zusammen und lehnte nun
reaktionslos an dem Geländer.
Aber
es änderte sich nicht nur das Aussehen sondern ebenfalls die
Einstellung der rothaarigen Elfe. Statt der gedanklichen
Überheblichkeit durchflutete sie jetzt eine Ehrfurcht vor der
unendlichen Weite der Matrix. Mit Hilfe des Menüs begab sie sich zu
einer virtuellen Telefonzelle, welche in der realen Welt lediglich
ihr Kommlink wieder spiegelte.
Vor
ihr Erschien ein schwarz-weißes Icon, das einen Mann hohen Alters
zeigte mit grauen Schläfen und die unter einem mit hochgeknickter
Krempe aufgesetzten Hut zu sehen waren, dazu zeigte das Gesicht einen
weißen Drei-Tage-Bart und eine kleine Narbe über der rechten
Augenbraue. Unter dem Tweedmantel war eine Weste mit Hemd und Fliege
zu erkennen, die Hände waren in Lederhandschuhen verstaut und in der
linken Hand hing eine Thompson1928A1 herunter.
Brìdghe
hatte das Icon nach den Wünschen ihres Vaters entworfen, und daher
wusste sie das die herunterhängende Maschinenpistole für ihr eigens
entwickeltes aktives Sicherheits- und Schutzsystem stand.
Also
war ihre Verbindung nahezu sicher.
„Athair“,
kam es als ihre Person sich um die Füße des Icons legte.
„Brìdghe,
wie ich sehe bist Du in Seattle angekommen?“
„Es
ist kalt hier und ich fürchte bald wird es auch regnen“, der
Huskies winselte auf.
„Dann
ist es ja gut, das ich für mein Lieblingsmädchen gesorgt habe.“
Er steckte ihr eine Visitenkarte an das Halsband des Hundes der immer
noch zu seinen Füßen lag.
„Du
bist der Beste, Daddy“.
„Ich
habe es auch schon einrichten lassen, und einen zuverlässigen
Kontakt für mein 'Kleeblättchen' aufgetan.“
„Ich
vermisse dich jetzt schon“, dem Huskie tränten die Augen während
er leicht winselte. „Ich glaube ich werde Dich und die anderen am
Wochenende gleich besuchen kommen.“
„Hat
denn mit deinem Transfer auch alles funktioniert?“, mit der freien
Hand streichelte das Icon dem Huskies über den Kopf. Und ein
versierter Beobachter der Matrix hätte wahrnehmen können, das die
beiden Icons an der Stelle verschmolzen.
„Ja,
habe schon mit dem Coach gesprochen. Werde offiziell auf der
Ersatzbank sein. Und nur sporadisch eingewechselt, quasi als Ersatz
für einen erkrankten Stammspieler.“
„is
breà liom tù“
„mè
freisin“
Sowohl
Persona als auch Icon lösten sich in ihre elektronischen
Bestandteile und der Körper der Elfin erwachte wie von Zauberhand
zum leben. Sowohl die kalten nassen Tropfen, wie auch ein Blick auf
den Chronometer den sie von ihrer Schwester Erin zum Studienabschluss
erhalten hatte zeigte ihr das es Zeit war. Und so winkte sie sich auf
konventionelle Weise ein Taxi am Pier ran und ließ sich zu den
Koordinaten fahren die ihr Vater ihr übermittelt hatte.
Seattle
sei bereit für „Clover Maiden“ ...